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Carl Aigner: Endosmosen und Exosmosen / Noten zu den Kosmoversen von Tomas Hoke

In KosmosE 2019

Diversität ist eine verniedlichende Charakterisierung für das umfangreiche und komplexe künstlerische Universum von Tomas Hoke. Von der Zeichnung zur Skulptur, von der Malerei zur Installation, vom Edelstahl zu Lichtinstallationen, von pneumatischen Objekten zu Klangformationen, von der Photographie zu Raumfigurationen und vieles mehr markieren einen Werkkosmos, mit dem existentielle Fragestellungen ebenso aufgeworfen werden wie Aspekte unserer Sinne, der Wahrnehmung oder neuronaler Prozesse. Epistemologische Perspektiven finden sich dabei genauso wie quantenphysikalische Einsprengsel oder generelle philosophische Sondierungen.

Wie willkürlich auf den ersten Blick auch manches erscheinen mag, finden sich doch Knotungen, die sichtbar machen, dass für Tomas Hoke das Prinzip der Wechselwirkung und damit des Wirkungswechsels für sein Schaffen fundamental ist. Ob Körper, Raum oder Zeit, immer fungieren sie als Membran des Einen für das Andere. Sie, die Membran, wirkt dabei nicht nur als osmotischer Filter, sondern als ko-konstitutive Strategie einer Werkgewinnung.

„Landschaft als Körper“ heißt ein Aquarellarbeit von 2006, bei der der Körper als Landschaft und die Landschaft als Körper begriffen werden. In der Verschränkung beider Phänomene findet sich bereits eine Tendenz des Transformatorischen. Es wird zu einer Werkstrategie, mit der unablässig das Ineinander von Welterfahrungen ausgelotet und postuliert wird. Mit dem Werk „Gaia“ wird 2014 bildnerisch sukzessive ein quasi osmotischer Prozess der Verschmelzung von Körper und Landschaft vollzogen. Tomas Hoke nimmt dabei Bezug auf eine reale Landschaft und auf den wohl spektakulärsten und über Jahrzehnte verschwundenen Frauenakt des 19. Jahrhunderts, das Ölgemälde „Ursprung der Welt“ von Gustav Courbet von 1866. Als Lenticulardruck auf Linienrasterplatte realisiert, werden vier Werkphasen amalgamiert: je nach Blickrichtung gebiert prozesshaft die Landschaft den Körper einer Frau und vice versa. Dieser metonymische Transfer verweist auf die Natur der Landschaft sowie auf die Natur des Körpers jenseits anthropologisch-zivilisatorischer Implikationen als kosmisches Phänomen.


Mit der Bildserie „Cosmic Landscapes“ (2005) wird die Landschaft als autogenerativer Prozess radikalisiert. Mit einem komplexen Verfahren entstehen auf Basis chemisch-experimenteller Wirkungen kosmisch-imaginäre Farblandschaften. Je nach Blickwinkel evozieren die verwendeten Strukturfarben schillernde „Gemälde“ von exzeptioneller Schönheit: Das Kosmische entpuppt sich als osmotischer Transfer von Materialität und Imaginarität. „Kunst verhält sich zur Schöpfung gleichnisartig. Sie ist jeweils ein Beispiel, ähnlich wie das Irdische ein kosmisches Beispiel ist“, schreibt so bezeichnend Paul Klee einmal.

So wie sich der Kosmos aus Mikro- und Makrowelten speist, generiert sich ein Gesamtwerk aus Mikro- und Makroelementen. „Dass der ganze Kosmos derartig in meinem Werk sein Unwesen treibt kann nur in der um osmotischen Ausgleich bemühten Kunst und deren dünner, vermutlich an vielen Stellen porösen Membran der Zeit vermutet werden“, resümiert Tomas Hoke gegen Ende der Fertigstellung seiner Werkmonographie am 4. Dezember 2018 in einem Mail an den Autor dieser Zeilen.

 

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Carl Aigner: Endosmosen und Exosmosen / Noten zu den Kosmoversen von Tomas Hoke: In KosmosE, Monografie Tomas Hoke, Ritter Verlag 2019, S. 18-19

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