RESSOURCEN - Biografie
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Tomas Hoke Text 2019

Vorwort Monografie "KosmosE"

Über 40 Jahre künstlerische Arbeit – Zeit ein Resümee zu ziehen und den Versuch zu unternehmen, einen Überblick über Zeit und Raum dieses Lebensabschnittes zu bekommen.

Zu meinem Leben mit der Kunst kann ich eigentlich keinen Anfang festmachen, da das Aufwachsen in einem Haus das von der Kunst bestimmt war, ein natürlicher Zustand zu sein schien. Die Ateliers und Werkstätten waren im Haus. Das Mitarbeiten in den Werkstätten ab dem zwölften Lebensjahr war selbstverständlich. Die Arbeit in der Lithografie- und in den Emailwerkstätten war oft bis an den Rand der Erschöpfung anstrengend. Erst viel später erkannte ich, dass die Prägung dieser Zeit es mir schwer machte den Betrieb an der Akademie ernst zu nehmen. Aus Verlegenheit nahm ich das Studium der Kunstgeschichte auf, nicht ohne vorher die Aufnahmeprüfung an die Universität für Musik (Konzertfach Gitarre) nicht geschafft zu haben. Das Studium an der Angewandten (Meisterklasse für Metallgestaltung bei Carl Auböck) war letzten Endes frustrierend. Vorlesungen bei Bazon Brock und Peter Weibel brachten mich aber auf einen neuen Weg, der oszillierend zwischen Praxis und Theorie bis heute mein künstlerisches Leben bestimmt.

Rückschauend habe ich in meiner Arbeit eine Menge Baustellen eröffnet, sodass es von außen betrachtet unübersichtlich zu sein scheint. Dabei sind es wenige Themen mit denen ich arbeite. Zunächst ist der Körper in seiner Verletzlichkeit Thema in der Auseinandersetzung mit „Kunst am und mit dem Körper“. Vieles, was damals mein Leben bestimmt hat, hing mit der Gründung der eigenen Familie zusammen, das Leben war vielschichtiger zu bewältigen. Ich hatte das Glück, sehr bald mit meinen Arbeiten in einer der weltweit bekanntesten Schmuckgalerien für die Schmuck-Avantgarde Fuß zu fassen (Galerie am Graben, Inge Asenbaum, Wien). Internationale Ausstellungen folgten.

Die Themen kreisten um den Mikrokosmos, unter anderem in der Untersuchung der menschlichen Zellen, deren Funktionsweisen, und deren „Charakter“. C.G. Jung kam ins Spiel, Wilhelm Reich und Klaus Theweleit.
Ich wusste damals nicht viel über Maria Lassnigs „Body-awareness“ Bilder. Genau in diesem Themenfeld war ich mit meinen Schmuckarbeiten damals unterwegs, wie sich später herausstellte.

Die Ausweitung über die Körpergrenzen hinaus verlangte nach Raum. Das Hinterfragen, was einen Raum zu einem Resonanzraum durch Kunst macht, begann mehrdimensional. Um diesen Raum in seiner gesellschaftlichen Wechselwirkung zu bestimmen, begann ich, parallel zu meiner großformatigen Arbeit, mit dem Organisieren von Kulturprojekten; auch um den Rahmen der landläufigen Usancen in diesem Bereich zu erweitern und zu erforschen (INTART 1989 – 1993).

Ich gewann meinen ersten großen Wettbewerb für den Öffentlichen Raum mit einem Projekt zu den fünf Sinnen („Leukeïn & Sinnenstrang“, 1992, Augenklinik und Neurochirurgie Klagenfurt). Es ging wieder um physiologische Zusammenhänge von Wahrnehmung und Verarbeitung der Reize im menschlichen Körper, nur diesmal im monumentalen Format.

In den folgenden Jahren kreiste das Themenkarussell zwischen Mikro- und Makrokosmos, die Auseinandersetzung mit Quantenmechanik und Astrophysik und die Frage nach den physiologischen Auswirkungen von Kunstarbeit im menschlichen Gehirn, grob gesagt. Neuroästhetik gegen Rezeptionsästhetik, die Beschäftigung mit Wissenschaften, die weit in die Zukunft schauen, dazu die Auseinandersetzung mit der Epigenetik (eine sehr persönliche Frage zur eigenen Prägung!) – als Rahmenhandlung und als Werkzeuge zur Reflexion.

Insgesamt verlasse ich mich heute auf eine Mischung aus Heuristik und Intuition, die, angereichert mit der Erfahrung der ontologischen Differenz in der künstlerischen Arbeit, zunächst nur den Impuls zur Entwicklung geben und später im Auswahlverfahren wieder ins Spiel kommen. Dazwischen arbeitet ES.

Wie weit die Transformationen von einmal Erkanntem in den verschiedenen Medien ihren Niederschlag finden, oder ob das Entwickeln mehr einer permanenten Metamorphose gleicht, kann ich heute nicht sagen. Ich kann auch nicht sagen, wie sich Gedanken materialisieren indem sie sich auf einem Blatt oder in etwas anderem niederschlagen; ich kann nur über den Zustand berichten, in den ich gerate: Es ist eine Art Versenkung, fast kontemplativ zu nennen und doch hellwach und entscheidungsfähig. Es geht immer ums Ganze, Universelle. Im Mikro- wie im Makrokosmos, von der Bleistiftspitze bis zum raumgreifenden Objekt.

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Tomas Hoke: Vorwort. In: KosmosE, Monografie Tomas Hoke, Ritter Verlag (2019), S. 7

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