Kategorie - Wettbewerbe  
  >> Wettbewerb Eisenstadt Domplatz
    Jahr:2007
Wvznr: 608
Von der Absperrung zum Korridor oder: Wie zwei 5 Meter lange und 2 Meter hohe „Absperrungen“ einen Platz öffnen, ihn zum sinnstiftenden Ort machen, und als skulpturale Elemente Dynamik in den Platz bringen können.
Künstlerischer Wettbewerb Domkirche zum Heiligen Martin Gestaltung einer Einfriedung des Domplatzes Eisenstadt

Grundlagen
Der Domplatz hat Richtung Westen eine offene Struktur, die mit Glasbalustraden zum tiefer liegenden Garten abgegrenzt wird. Diese Glaswände geben dem Platz eine diffuse Randzone, die in ihrer Verletzbarkeit labile Persönlichkeiten offenbar zu Aggressionsabbau verleiten.

Trennung und Verbindung der Platzbereiche
Eine permanente Absperrungskonstruktion, die mit dem Dom direkt verbunden ist, wird im vorliegenden Entwurf vermieden: Das Öffnen der Absperrung soll den gesamten Platz frei geben - der Dom steht frei. Die beiden Flügel werden zum Korridor.

Lage
Die beiden Flügel verbinden den Turm mit der gegenüber liegenden Glasbalustrade, während die Abtrennung des Zuganges zur seitlichen Rampe als vorgelagerter kastenartiger Baukörper die Funktionen trennt.
Diese architektonische und gestalterische Differenzierung ist notwendig, damit die Dynamik des Platzes, seine Zonen und Gliederung klare Zuordnungen, sowohl thematisch wie auch funktionell, erhalten.

Thema und Gestaltung
Flügel – Schilf/Korn
Ausgehend vom Erscheinungsbild eines Schilf- oder Kornstreifens, der windbewegt Dynamik und Leichtigkeit suggeriert, habe ich eine Konstruktion gewählt, die einerseits durch ihr Raumfachwerk extrem verwindungssteif, andrerseits durch die optische Zartheit der Stäbe (ø 18 mm blankgezogene Edelstahlrohre) sehr transparent ist. Der dynamische Effekt, der aus den in verschiedensten Winkeln zu einander stehenden Stäben entsteht, ist bewusst skulptural gewählt, um den Objekten den Charakter einer „Absperrung“ zu nehmen.
Der Passant wird auch durch seine eigene Bewegung eine Bewegung der „Halme“ (durch deren Verschneidungen über die optischen Perspektivachsen) wahrnehmen. Auf diese Art „lebt“ die Konstruktion in einer scheinbaren Bewegung.

Technik
Die beiden Flügel werden zum Öffnen um 90 Grad verdreht:
Die Drehmachaniken in der Mitte der beiden Flügel sind als Präzisionslager ausgebildet, leicht drehbar ohne jedes Spiel (Bronzeschleiflager/Radiallager).
Im geschlossenen Zustand werden die Flügel an den äußeren Enden in Torfallen geführt, die einerseits versperrbar sind und andrerseits als Widerlager und statische Fixierung fungieren – die Tore lassen sich nicht gewaltsam öffnen, oder beschädigen.
Im offenen Zustand (Korridor) werden die Flügel mittels Bolzenschieber in einem, in den Bodenplatten eingelassenen, Zylinder versperrbar fixiert (statisch und funktionell).

Material
Alle Teile sind Edelstahl, Flächen händisch mattiert, Rohre blank aber nicht poliert (matter Schimmer – reflektiert die Umgebungsfarben sanft und hat trotzdem einen gewissen Glanz)
Alle konstruktiven Teile sind so angeordnet und verschweißt, dass sie auch allen einwirkenden Kräften standhalten.

Rampe
Absperrung (Abgang Dompfarrzentrum)
Um den Platz auf seiner rechten Seite, trotz der abfallenden Rampe, Halt zu geben, habe ich einen architektonischen „Keil“ geplant: Auf diese Art öffnet sich der Platz jetzt abgestuft in einer Drehbewegung: Kommt man von der Pfarrgasse herauf, geht vor bis zum Eck des Restaurants, wird man der räumlichen Abstufung gewahr und erkennt den Sinn: Der Platz bekommt mit diesem Detail ein Gelenk.
Der architektonisch vorspringende Teil ist eine zweiflügelige Edelstahlformrohr-konstruktion mit dem Edelstahlgitter bespannt – damit erhält man geschlossene und doch transparente Flächen.

Funktion
Der Abgang zum Dompfarrzentrum kann extra geöffnet werden, ohne den Domplatz freizugeben zu müssen. Das könnte sich als brauchbarer Nutzen herausstellen, sollte das Pfarrzentrum nämlich abends länger zugänglich sein als der Domplatz. Umgekehrt gilt das auch: Sollte der Domplatz offen sein aber der Abgang zum Pfarrzentrum geschlossen bleiben, so ist auch das möglich (Trennung der Zugänge).

Resümee

Die geforderte Absperrung des Platzes wird mit diesem Entwurf ein Gesamtbild ergeben, das es vergessen machen soll, warum diese Trennung notwendig wurde.
Die Leichtigkeit und Transparenz, sowie die objekthafte Struktur der beweglichen Teile, tragen zu diesem Erscheinungsbild bei.

Mir war wichtig, dass direkt an den Dom kein unverrückbarer Zaun fixiert wird (in meinem Entwurf steht im offenen Zustand in Bodennähe aus der Fassade nur ein kleiner Würfel hervor – die Verschlussfalle; mehr ist nicht zu sehen).

Weiters suchte ich nach einem Weg, der beides kann: Ganz verschließen und ganz öffnen. Dabei entwickelte sich die Form des Korridors, der begleitend wieder jenes Bild erzeugen soll, das ein Kornfeld beim Hindurchgehen suggeriert.
Die beiden Schutzpatrone Stephan und Ladislaus sind die beiden Wächter und Begleiter dieser Konstruktion (als solche leuchten sie ja auch in der Nacht – und das Stabwerk schimmert).

Ich habe den Ort dieser beiden Flügel am Beginn des Turms gewählt, weil die räumliche Dynamik des Platzes durch das Zurückspringen der Absperrungen damit am besten konfiguriert wird.
Die Korridorfunktion bei offenen Flügeln verstärkt den dynamischen Ablauf der Platzorientierung, bei geschlossenen Flügen ist der Platz vor dem Seitenportal architektonisch nahezu symmetrisch.

Handhabung
Alle beweglichen Teile sind so dimensioniert und konstruiert, dass sie mit wenigen Handgriffen im täglichen Gebrauch bedient werden können und ohne besondere Wartung den Betrieb garantieren.





 
 
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